Über den schönen Schein, gesunde Selbstpräsentation und die Kraft des „wahren Ichs“.

Schaut alle her: Ich bin toll.
Mein Leben ist super.
Job, Partnerschaft, Familie, Aussehen, Freunde, Hobbies. ALLES MEGA
👍👍👍 !!!
Und ich bekomme alles hin – wenn ich nur will.

Du doch sicher auch, oder?

Fällst du auch immer wieder auf solches Blendwerk herein?

Also ich ja, immer wieder mal! Obwohl ich es doch eigentlich besser wissen könnte…

Vielleicht tue ich das aus dem Wunsch heraus, dass alles wirklich ganz einfach sein könnte im Leben. Verknüpft mit Hoffnungen und Wunschgedanken wie:

  • WENN ich reich und berühmt bin, DANN werde ich mehr gesehen – und geliebt.
  • WENN die anderen das alle so leicht hinbekommen, DANN muss es ja machbar sein.
  • WENN meine Nase dem Schönheitsideal entspricht, DANN gehöre ich endlich richtig dazu.

Ach, es wäre auch so schön!

Und zugleich: Mit meiner Erfahrung als Coach glaube ich nicht mehr daran, dass Menschen, die sich großartig inszenieren müssen, wirklich selbstsichere Persönlichkeiten sind.

Über diese Entdeckung bin ich sehr dankbar 😊! Mehr dazu später…

Das Präsentations-ICH: Wie muss ich sein, um zu gefallen?

Um zu gefallen, sollte ich mich am besten makellos präsentieren – ein bißchen so wie in Werbespots.

  • Z.B.: Auf Fotos nur die „Schokoladenseite“ zeigen. Und natürlich alle mit KI nachoptimieren, um dem Schönheitsideal zu entsprechen.
  • Z.B. nur das Beste vom Urlaub zu erzählen! Auch wenn der Magen-Darm-Virus und die nahe Autobahn alles andere als toll waren. Das passt ja nicht ins Bild…

Und ich sollte wissen, welche Erwartungen ich erfüllen muss. Was ist gerade „in“? Welchen Idealen, Rollenbildern oder äußeren Erwartungen folge ich (bewusst oder unbewusst)?

  • Z.B.: „Ich mache das so, weil es alle machen“ – oder: „Weil man das als XY so machen muss.“
    („XY“ kann je nach „Schablone“ alles sein: angesagte:r Teenie, fürsorglicher Elternteil, Regime-Gegner:in, Lebenskünstler:in, erfolgreiche:r Geschäftsführer:in,…)

Die Grundprinzipen der vorteilhaften Selbstdarstellung existieren schon sehr lange – vermutlich so lange, wie es Menschen gibt.

Hast du dir zum Beispiel schon mal die mittelalterlichen Porträts von Adelsfamilien genauer angeschaut? Und selbst in der Tierwelt zeigt sich das Prinzip etwa bei aufwendigen Balzritualen…😉

Neu ist: Die Selbstpräsentation wird heutzutage durch sozialen Medien verstärkt und einer viel breiteren Masse zugänglich gemacht.

Vor 20 Jahren konnte ich noch nicht auf Knopfdruck 1000 Leuten gleichzeitig von meinem super Urlaub erzählen – inklusive Fotos…. Und die technischen Möglichkeiten laden (immer mehr) dazu ein, sich nur noch von der allerbesten Seite zu zeigen.

Die Logik hinter der Selbstdarstellung

Von anderen gesehen und gemocht werden zu wollen, ist für uns soziale Wesen ein völlig logisches Verhalten:

Wir brauchen Anerkennung und Zuwendung – von Geburt an. Als Baby um zu überleben. Und später, um in der Gruppe und Gesellschaft auch Schutz und Struktur zu finden. 

Wofür ist Selbstdarstellung nützlich – ganz wertfrei betrachtet? Für eine ganze Menge:

  • Orientierung (die „Spielregeln“ kennen und sich darin zurechtfinden)
  • Zugehörigkeit (zu einer Gruppe, Gesellschaft oder Firma)
  • Anerkennung (es fühlt sich vermutlich gut an, sich z.B. passend zum „Schönheitsideal“ darzustellen und positive Rückmeldungen zu erhalten)
  • Einflussnahme (z.B. die Worte und Produkte einer Influencerin)
  • Selbstschutz (lieber den schönen Schein wahren anstatt sich verletzlich zu zeigen)

Auch die Gesellschaft würde ohne eine gewisse Anpassung und ein Sich-Aufeinander-Einlassen gar nicht funktionieren.

Den schöne Schein wahren – was für ein Kraftakt!

Doch einige – ganz menschliche – Facetten, Verhaltensweisen und Gefühle werden auf der großen Bühne gar nicht gerne gesehen, z.B.:

  • Sorgen, Ängste, Unsicherheiten
  • Fehler, Schwächen, eigene Unzulänglichkeiten
  • „Aufmüpfiges Aus-der-Reihe-Tanzen“ – denn das könnte gefährlich werden für das bestehende System

Immer wieder bin ich überrascht, wieviel Energie manch eine:r in die Selbstinszenierung steckt. Den schönen Schein wahrt – um jeden Preis. Wie unsicher der Mensch dahinter oft ist!

Lieber inszenieren – um ja nicht „aufzufliegen“. Bis hin zum Verlust der eigenen Identität.

Oder unbedingt von sich ablenken. Indem ich anderen lautstark sage, was sie falsch machen.

Was für ein Druck. Was für ein Stress. Was für ein Umgangston (mit sich selbst oder anderen).

Abseits der Bühne: Das wahre Ich

Etwas verlieren Menschen manchmal bei zu viel Selbstinszenierung: Sich selbst. Ihr „wahres ICH“.

Wer bist du, wenn niemand zuschaut?
– Offline. Ungeschminkt. Ganz für dich.

Die Logik des „wahren ICHs“ funktioniert anders als beim Präsentations-ICH. Bei ihr geht es um SEIN statt Schein:

Was macht dich aus – im Kern? Was ist dir wirklich wichtig? Was berührt dich?

Denn: Dich gibt es nur einmal! Wie lässt es sich da aus Vergleichen mit anderen oder äußeren Erwartungen schließen, was wirklich zu dir passt?

Gesunde Selbstdarstellung: Die Dosis macht das Gift

Was macht für dich ein gesundes Verhältnis zwischen deinem Präsentations-Ich und deinem „wahren Ich“ aus?

Ein bißchen „Präsentations-Ich“ gehört zum Leben und Wahrgenommen werden unbedingt dazu. Es sollte nur das „wahre Ich“ nicht verdrängen! Und es darf keine zu großen Unterschiede zwischen beiden geben.

Denn das man schnell krank – und unsozial!

Ein Missverhältnis führt nicht selten zu Burnout, Rückenschmerzen, aggressivem Verhalten, Überanpassung, Narzissmus, Selbstabwertung, Hass auf andere, Magenweh,…

Selbst-bewusste Menschen brauchen wenig(er) Inszenierung

Was ich verstanden habe: Wenn ein Mensch wirklich selbst-bewusst ist, verwendet er kaum noch Energie auf seine Selbstinszenierung. Oder für Angriffe auf andere, um sich (kurzzeitig) selbst besser zu fühlen.

Denn: Dieser Mensch hat das gar nicht (mehr) nötig!

Echtes Leben geht viel leiser. Und echte Präsenz auch.

Selbst-bewusste Menschen nehmen sich (mehr) an – mit allem, was zu ihnen gehört. Und gestalten ihr Leben so, dass es sich (möglichst) stimmig für sie anfühlt. Ganz unabhängig von ihren „Likes“ auf Social Media.

Und sie entscheiden, was sie wann, wo und wie von sich (in den sozialen Medien) zeigen möchten.  

Der wichtigste Schritt: Mit sich in Kontakt bleiben

Du möchtest dich gern noch besser kennenlernen – und dein gutes Verhältnis zwischen Bühnen-Ich und „wahrem Ich“ erkunden?

Für den ersten Schritt brauchst es gar nicht viel: Etwas Zeit in einem geschützten Raum. Einen gütigen Blick auf dich selbst. Etwas Geduld und Mut, dir in allen Facetten zu begegnen.

Unterstützend könnte sein, um mit dir in Kontakt zu kommen:

Manche Menschen nutzen gern den geschützten Raum im Coaching, um sich zu reflektieren und zu sortieren. Genauer zu betrachten, was sie wirklich denken und fühlen – jenseits von Idealen, Blendwerk und sozialen Erwartungen. Mit einem neutralen Gegenüber. Um dann konkret an den eigenen Themen, Wünschen und Bedürfnissen zu arbeiten.

Wie unwichtig dann (manchmal) das ganze Blendwerk und der schöne Schein werden dürfen. Wie lebendig du selbst. Und wie wertschätzend die Begegnung!

Ach übrigens: Bei mir ist doch nicht immer alles toll…

Ich lebe ja auch nicht in einem Hochglanzkatalog. – Zum Glück 😊!

Ich lebe mein Leben mit allem, was dazu gehört: Guten, mittleren und schlechten Tage. Leichten, mittleren und schwierigen Phasen mit mir, im Miteinander auf der Arbeit oder Zuhause. Eine Mischung aus Freude, Sorgen, schönen Momenten, Streit, Festhalten, Loslassen, Fehler machen und dazu stehen, Neues ausprobieren,…

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Dieser Artikel wurde als Gastartikel am 20.6.2023 zum ersten Mal veröffentlicht auf https://www.rinipegka.com/blog/selbstdarstellung.