Über Mut im Alltag und die Idee, gemeinsam etwas zu wagen.

Ich mache derzeit eine „Challenge“ mit mir selbst, die mir wirklich schwerfällt – auch wenn ich das ungern zugebe. Sie geht so: Wenn ich im ICE sitze, schaue ich einfach nur aus dem Fenster – zumindest zwischen zwei bestimmten Bahnhöfen.

EIGENTLICH mache ich das gerne und es tut mir gut. ABER: Wie oft triften meine Gedanken ab und ich greife doch zum Handy. Um KURZ etwas nachzuschauen oder jemandem zu schreiben.

Und ZACK – bleibe ich am mobilen Endgerät hängen und komme vom Hölzchen zum Stöckchen (ach schau mal, eine neue Nachricht,…). Der Moment des Blick-in-die-Ferne-schweifen-Lassens ist vorbei.

Irgendwann habe ich mich gefragt: Was hat sich geändert? Vor 10 Jahren fiel mir das Aus-dem-Fenster-Schauen im Zug irgendwie leicht(er). Vielleicht auch, weil ich – technisch bedingt – offline war. Es gab gar nicht die Möglichkeit…

Wie haben sich die Herausforderungen und Mutproben unseres Alltags geändert? Und:

Was sind die wirklichen Mutproben unserer heutigen Zeit?

Bungee Jumping? Waghalsige Selfies machen? Hass-Kommentare ins Netz stellen? Eklige Sachen essen?

Für mich haben die echten Mutproben unserer Zeit nichts mit halsbrecherischen oder fragwürdigen Dingen wie diesen zu tun.

Die wahren Mutproben und „Challenges“ des Alltags drehen sich für mich um etwas sehr Kostbares:

Wertschätzung.
Anstand.
Muße.
Güte.

Diese Werte sind ein wichtiger Kleber für das gesellschaftliche Zusammenleben, die Grundlage für Zufriedenheit und Gesundheit und die Basis erfolgreicher Zusammenarbeit.

Mit Wertschätzung, Anstand, Muße und Güte können wir es versuchen:

  • Etwas wagen, das einen Unterschied macht. Gewohntes unterbrechen. Neues schaffen.
  • Gemeinsam für etwas und für sich selbst einstehen. Zusammen gute Ergebnisse erreichen und Freude teilen.
  • Klar und gelassen bleiben, auch in schwierigen Momenten. Loslassen. Annehmen, dass es für vieles kein einfaches „Richtig“ oder „Falsch“ gibt.
  • Uns selbst spüren und die eigene Energie gut einteilen.

Mutig sein ist soooooo wichtig, um das eigene Leben und unser Zusammenleben zu gestalten. Um Neues auszuprobieren und zuversichtlich zu bleiben. Auch und gerade in herausfordernden Zeiten.

Lasst uns gemeinsam noch mutiger werden!

Ab Mitte November 2023 findest du in meinem monatlichen Newsletter kleine Mutproben: Impulse und Challenges zum Ausprobieren und Erfahrungen sammeln. Zugeschnitten in machbare „Scheiben“, serviert mit einer Prise Leichtigkeit 😊.
Du hast Lust mitzumachen? Dann melde dich gleich hier an.

Was ist eigentlich eine Mutprobe?

In letzter Zeit habe ich mich näher mit dem Thema Mut beschäftigt. Dieses Zitat hat mich dazu bewogen – ich hatte es in einem Zeitungsartikel entdeckt, seitdem hängt es an meiner Wand:

"Das Geheimnis des Glücks ist die Freiheit. Das Geheimnis der Freiheit aber ist der Mut." - Thukydides

Ein kurzer Schwenk zu den Begriffen „Mut“ und „Mutprobe, um die es hier geht:

Mut: „Die Fähigkeit, in einer gefährlichen, riskanten Situation seine Angst zu überwinden; Furchtlosigkeit angesichts einer Situation, in der man Angst haben könnte.“

Mutprobe: „Handlung, mit der man seinen Mut beweisen soll.“

Duden (10/2023): Mut, Mutprobe

Im Alltag werden Redewendungen genutzt wie „es gehört viel Mut dazu“, „all seinen Mut zusammennehmen“ oder „sich gegenseitig Mut machen.“

„Unter einer Mutprobe (von althochdeutsch muot = Kraft des Denkens, Empfindens, Wollens und mittellateinisch proba = Prüfung, Versuch) versteht man in der Wagnisforschung wie in der Umgangssprache die Herausforderung von Wagnisbereitschaft. Dabei muss eine persönliche Angstschwelle überwunden werden, die individuell unterschiedlich gelagert ist.“  

Wikipedia: Mutprobe (10/2023)

Mutproben können generell sehr unterschiedlich aussehen und freiwillig oder unter (Gruppen-) Zwang stattfinden. Zum Beispiel:

  • Auf körperlicher Ebene: Schmerz ertragen, Scham überwinden,…
  • Auf mentaler oder psychischer Ebene: Sich Gefahren oder einem Wettkampf stellen, Neuland entdecken,…
  • Auf sozialer Ebene: Anderen Menschen imponieren, etwa durch S-Bahn-Surfen oder durch sich für Schwächere einsetzen,…

Auch die Motive und der Sinn von Mutproben sind sehr vielfältig. So können Mutproben z.B. dienen als:

  • Zeitvertreib, Abenteuer oder Prestigegewinn in der Clique
  • Erkundung der Welt oder der eigenen Grenzen
  • Aufnahmeprüfung in eine Gruppe (Initiationsritus)
  • Bekämpfung von Angst oder Ausgleich von Misserfolgen in Schule oder Job
  • Erweiterung der eigenen Handlungsräume und Kompetenzen
  • Werteverwirklichung und Bewährungsmöglichkeit z.B. für soziale Anerkennung und Selbstwertgefühl

Weiterführende Informationen und Literaturverweise findest du z.B. im Wikipedia-Artikel zu Mutproben.

„Thrill“ oder „Skill“ – Risiko oder Wagemut?

Stürze ich mich nur für den kurzen „Kick“ ins unkalkulierbare Risiko? Oder wage ich etwas mit guter Vorbereitung, wohl wissend, dass es gefährlich ist?

Siegbert A. Warwitz (u.a. Germanist, Pädagoge, Psychologe und eremitierter Professor an der Pädagogischen Hochschule Karlsruhe) unterscheidet in der Wagnisforschung diese beiden Herangehensweisen:

Waghalsige:r:
Nervenkitzel! Risiko!
Jemand, der für ein Selfie auf den Gleisen vor einem anrollenden Zug posiert. Mit objektiven Gefahren, die die Person selbst nicht einschätzen und beeinflussen kann. Ziel ist ein kurzer Kick – koste es, was es wolle!

Wagende:r:
Wert! Kompetenz!
Jemand, der sich gut vorbereitet und der eigenen Verantwortung bewusst einer unausweichlichen, aber durch Kompetenz beherrschbaren Gefahr aussetzt. Z.B. eine Minenentschärferin oder ein Gleitschirmflieger.

Menschen, die etwas wagen, sind gut vorbereitet, folgen ethischen Grundsätzen und wissen, was sie tun. Dazu gehört:

  • Selbstbewusstsein zeigen
  • Verantwortung übernehmen
  • Risiken managen

Das gilt für Minenentschärfer:innen, Bergstreiger:innen und Rettungskräfte.

UND im Alltag auch für alle, die als „verantwortungsbewusste Wagemutige“ ihr Leben und die Gesellschaft gestalten wollen.

Hier findest du weiterführende Artikel von Wartwitz: „Das kreative Moment des Wagens„, „Wagnis“ bei Wikipedia, „Risiko – Gefahr oder Chance

Der bewusste Umgang mit Gefahr und den eigenen Grenzen

Gefahren und Risiken sind Teil unseres Lebens. Vieles haben wir nicht unter Kontrolle – auch wenn wir in unserer Gesellschaft manchmal so tun, als ob…

Sie vermeiden zu wollen oder gar naiv auszublenden, bringt nichts. Viel mehr geht es darum, mit (realen) Gefahren umgehen zu lernen. Um sich selbst und die eigenen Grenzen gut einschätzen zu können. Und eben auch zu wissen, was ich erreichen und bewirken kann!

Siegbert A. Warwitz hat sich viele Jahre mit Wagniserziehung beschäftigt und sich – in diesem Zusammenhang – für die Verkehrserziehung von Kindern engagiert.

„Unter Wagniserziehung versteht man das pädagogische Heranführen an wertvolle, aber gefahrenhaltige Situationen, Handlungen, Unternehmungen. Wagniserziehung soll beim Erlernen des notwendigen Risikomanagements begleiten und helfen, verantwortungsbewusst mit Bedrohungen umzugehen.“

Siegbert A. Warwitz, Wikipedia, Wagniserziehung (10/2023)

Ein einfaches Beispiel: Soll ich für mein Grundschulkind das Elterntaxi machen oder es selbst zur Schule laufen lassen?

Langjähriges Hinbringen nährt oft eher das Sicherheitsbedürfnis der Eltern, hält aber leider das Kind davon ab, sich – schrittweise – mehr zuzutrauen und Selbstwirksamkeit zu erfahren.

Das Kind alleine den Schulweg gehen zu lassen – ganz ohne Vorbereitung – wäre grob fahrlässig.

Mit Übung, schrittweisem Loslassen und dem Vertrauen der Eltern könnte jedoch etwas Gutes daraus werden!

Unsere Aufgabe als Erwachsene ist es, Kinder beim Großwerden zu begleiten und sie dabei zu unterstützen, verantwortungsbewusst mit Bedrohungen und Gefahren umzugehen.

Auch die Erlebnispädagogik verfolgt diesen Ansatz für Klein und Groß. Man findet ihn z.B. wieder im Kletterwald, auf dem Skatepark oder beim Zelten in der Wildnis,…

(Nicht nur) dafür ist es wichtig zu wissen: Was kostet mich selbst wieviel Mut? Wie gehe ich eigentlich mit Herausforderungen und Gefahren um? Und wofür würde ich mich manchmal gern noch mehr wagen?

Wagniskompetenz erweitern, Welt erkunden, Werte verwirklichen

Etwas Wagen ist eine Form kreativen Denkens. Es bietet die Möglichkeit, neue Maßstäbe für das eigene Verhalten zu finden, sich persönlich weiterzuentwickeln und für sich einzustehen.

Bei den „kleinen Mutproben des Alltags“ in meinem Newsletter wird es um das Sich-Wagen gehen: In kleinen Schritten etwas ausprobieren und die eigene Kompetenz erweitern.

Einen Kernsatz der Wagnislehre fasst Siegbert A. Warwitz so zusammen:

„Der Ängstliche erleidet sein Leben, der Mutige gestaltet es.“

Warwitz: Das kreative Moment des Wagens (ohne Jahreszahl)

Ab Mitte November im Newsletter: Die kleine Mutprobe des Monats

Alle vier Wochen gibt es eine Challenge für verantwortungsbewusste Wagende, die ihr (Berufs-) Leben gestalten möchten.

Leichtgängig, wertschätzend und garantiert ohne Bungee-Jumping 😊!

Worum wird es bei den „kleinen Mutproben des Monats“ gehen?

Zum Beispiel um: Perspektiven wechseln, Kraft tanken, Neues wagen, Denkmuster überprüfen, gütig für sich einstehen. Um tiefgründige Begegnungen, bewusste Entscheidungen, Genuss mit allen Sinnen, Ausprobieren von „Mal anders als sonst“, …

Du möchtest dabei sein? Dann melde dich gleich bei meinem leisen Newsletter an.

Suche dir gern auch noch eine Person, die mitmacht. Für (noch) mehr Spaß, zum gegenseitig Anspornen und Austauschen 😊.

Herzliche Grüße
Susanne