Wie du es dir noch leichter machst, Aufgaben sinnvoll auf mehrere Schultern zu verteilen.
„Ach, etwas abzugeben, das fällt mir echt schwer. Am liebsten würde ich mich um alles selbst kümmern. Und immer alles im Blick haben – wie bisher.“
Diesen Satz hörte ich letztens von einer Klientin im Führungscoaching. Seit kurzem leitete sie ein Team von Führungskräften, vorher hatte sie ein kleines Team von Mitarbeitenden direkt geführt.
Nun fühlte sich die Klientin in der neuen Rolle gestresst. Sie schaffte nicht mehr alles wie bisher. Zugleich hatte sie (noch) keinen guten Überblick.
Beides machte sie unzufrieden und nagte an ihrem Selbstwert. Es hatte bisher doch auch wunderbar funktioniert!
Herausforderung „Kontrollverlust“: Viele Führungskräfte tun sich mit dem Delegieren schwer
Im Coaching besprachen und verglichen wir die Arbeitsweise der Klientin in der bisherigen und in der neuen Rolle.
Ihr wurde im Gespräch klar, dass die bisherigen Routinen nicht mehr passten. Gar nicht mehr passen konnten. – Und dies nichts mit ihrem Unvermögen zu tun hatte!
Denn: Niemand kann ein Orchester dirigieren und zugleich die erste Geige spielen!
Sie führte nun Führungskräfte und trug viel mehr Verantwortung. Die jetzige Rolle erforderte neue Routinen, Arbeitsabläufe – UND mehr Mut zum Delegieren!
Für meine Klientin ein echtes Novum.
Aber: Aufgaben an andere verteilen zu können, das ist doch – eigentlich – eine wunderbare Sache 😊! Oder?
Delegieren = „Rechte oder Aufgaben abtreten und auf eine:n andere:n übertragen“
Beispiele:
Duden, https://www.duden.de/rechtschreibung/delegieren, 06/2025
- die Abteilungsleiterin delegiert viele Aufgaben an (selten: auf) ihre Mitarbeiter:innen
- (ironisch) er versteht es, Arbeit zu delegieren (lästige Arbeit einem anderen aufzubürden)“
Drei Hauptzutaten zum Delegieren
Welches sind die drei wichtigsten Zutaten zum Delegieren? Und was kannst du beim Delegieren auch über dich selbst lernen?
Die drei wichtigsten Zutaten zum Delegieren sind:
ZUTAT Nr. 1: Loslassen, Kontrollabgabe statt Micro-Management
Ja, man muss ein Stück Kontrolle abgeben – sonst klappt wirkliches Delegieren nicht.
Der Verlauf und das Ergebnis der Tätigkeit liegen nicht mehr allein in deiner Hand. Die Details kannst du nicht mehr (alle) im Blick haben.
Und vermutlich wird das Ergebnis auch etwas anders aussehen, als wenn du es selbst gemacht hättest.
Bevor du mit dem Delegieren beginnst, empfehle ich dir daher, genau zu überlegen:
- Welche Aufgaben müssen wirklich genauso sein, wie du sie gerne hättest (und warum)?
- Bei was fällt es dir leichter, loszulassen?
Beginne damit, Aufgaben zu delegieren, die eher dringend, aber dir nicht so wichtig sind. 😊
ZUTAT Nr. 2: Zutrauen
Sich auf das Delegieren einzulassen, wird nur mit einer Portion Zutrauen auf zwischenmenschlicher Ebene funktionieren. Sonst klappt das Loslassen nicht.
Zutrauen braucht es in zwei Richtungen:
a) Zutrauen in dein Gegenüber
Wenn du aufrichtig eine Aufgabe an jemanden abgibst, sendest du eine deutliche Nachricht auf der zwischenmenschlichen Ebene:
„Ich übertrage dir die Verantwortung. Ich traue dir das zu.“
Das sagt viel über eure Beziehung und deine Haltung gegenüber der Kompetenz deines Gegenübers aus (Stichwort „Kompetenzvermutung“):
Vermutlich wird dir das Delegieren deutlich leichter fallen, je mehr du die fachliche und methodische Kompetenz deine:r Mitarbeiter:in kennst und die Person als Mensch schätzt.
b) Zutrauen in dich selbst
Auch wenn du alle in deinem Team fachlich und menschlich schätzt, kann es dir das Delegieren vielleicht trotzdem schwer fallen. Dann gilt es, in eine andere Richtung nachzuforschen – die vor allem mit dir selbst zu hat:
„Traue ich es mir selbst zu, wirklich loszulassen und abzugeben?“
Beobachte dich gütig und reflektiere:
- Was macht ein möglicher Kontrollverlust mit mir? Was ist meine größte Sorge dabei?
- Was halte ich fest – und müsste es vielleicht gar nicht? Was könnte ich loslassen?
Mehr zum Thema „Loslassen“ findest du im Blogartikel „Vom Loslassen und Festhalten – alles zu seiner Zeit“.
Zutat Nr. 3 – Mut – mit einer Prise Neugier
Als dritte Zutat braucht es deine Offenheit, das Delegieren wagen zu wollen, dich darauf einzulassen und daraus zu lernen. Es wird nie gleich alles klappen – das wäre auch völlig unrealistisch!
Es braucht zudem etwas Zeit, bis alle Beteiligten ihre Erfahrungen gesammelt haben und eingespielt sind.
Übernimm die Rolle ist die der delegierenden Dirigent:in. Du setzt den Rahmen, steuerst und justierst nach:
- Iterativer Prozess: Erfahrungen machen, daraus lernen, nachjustieren
- Range, Variation: Unterscheide und variiere je nach Mitarbeiter:in, Kontext, Aufgabe und Team.
–> Kernfrage z.B. : Bei was, wann und mit wem ist wieviel Absprache nötig? - Entwicklungsprozess: Bleib im Austausch, erfrage und gib Feedback, reflektiere dich und dein Handeln regelmäßig.
Dranbleiben lohnt sich!
Zu Beginn es Delegierens wirst du vermutlich mehr Zeit und Energie aufwenden, als wenn du es selbst machen würdest. Das wird sich mit der Zeit und etwas Routinen mit deinen Mitarbeitenden jedoch ändern und leichter / weniger werden.
Dranbleiben lohnt sich – es ist eine gut investierte Zeit!
Alle drei Zutaten braucht es übrigens auch, um die eigenen Kinder gut in Richtung selbständiges Erwachsenenleben zu begleiten.
Schritt für Schritt, mit altersgemäßen Anforderungen und allen nötigen Lernschleifen. Und dem eigenen Loslassen und Zutrauen…
Es ist in jedem Fall eine gute Investition in die Zukunft – auch wenn es erstmal etwas Geduld braucht, bis die Spülmaschine ausgeräumt ist… 😊.
Praktische Tipps für ein gutes Delegieren
Damit dir das Delegieren noch besser und leichter gelingt, hier noch ein paar hilfreiche Tipps für die Umsetzung:
Für dich zur Vorbereitung
- Priorisiere zuerst für dich: Was ist für dich wirklich dringend & wichtig? Was ist dringend, aber nicht so wichtig?
- Beginne beim Delegieren mit den dir weniger wichtigen und kleineren Aufgaben
- Stelle dir immer wieder die Frage stellen: Was gewinne ich – mittelfristig – dadurch? (Zeit, mehr Fokus und Energie für etwas anderes, machbare Steuerung,….)
- Plane dir Zeit und Energie ein für das Delegieren und die damit verbundene Führung.
- Erkenne das Delegieren und Koordinieren als das, was es ist: eine sehr wichtige, nicht delegierbare Führungsaufgabe.
Im Gespräch:
- Beschreibe die Aufgaben verständlich, erkläre deine Erwartungen, setze einen zeitlichen Rahmen und beantworte Verständnisfragen
- WICHTIG: Bitte dein Gegenüber, das Gehörte abschließend in eigenen Worten zusammenzufassen. Das ist ein guter Realitäts-Check und schafft ein gemeinsames Verständnis.
- Triff Vereinbarungen zum Prozess: Wann und wie wirst du auf dem Laufenden gehalten (z.B. mit einer kurzen, wöchentlichen Rücksprache montags um 11 Uhr). Das beugt auch Micromanagement vor 😊 – und erlaubt dennoch einen Einblick und Erleichterung für dein Kontrollgefühl.
Im Prozess:
- Macht einen regelmäßigen Check mit Anpassungen bei Bedarf, immer kombiniert mit etwas Geduld und Zuversicht. Nutze die situative Führung und stelle dich auf die jeweilige Mitarbeiter:in ein.
- Keine Rückdelegation gestatten (auch wenn…): Wiederstehe dem möglichen Drang, die Aufgabe doch wieder selbst zu übernehmen. Manchmal wird das von Mitarbeitenden ausgenutzt und unliebsame Aufgaben elegant „rückdelegiert“. Stelle dann lieber Rückfragen, teile die Aufgabe in kleiner Abschnitte und begleite die Umsetzung zu Beginn kleinteiliger.
Zum Abschluss:
- Schaue gemeinsam mit deine/r Mitarbeiter:in auf das Ergebnis und den Prozess: Was war gut, was braucht es nächstes Mal noch anders?
Und am WICHTIGSTEN: Dranbleiben mit dem Abgeben 😊 !
Wie leicht fällt es dir, zu delegieren und loszulassen?
Die Coachee gingt mit einer neuen Idee zum Priorisieren, Aufgabenverteilen und Delegieren aus dem Termin. Mit Erleichterung und einer Prise Neugier. – Ich bin gespannt, was sie mir bei der nächsten Session dazu berichten wird 😊.
Wie gut bist du als Führungskraft beim Delegieren aufgestellt? Was funktioniert gut – und was dürfte noch anders sein? Und was lernst du daraus über dich?
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